Wenn Semantik als Wissenschaftsthema eingeordnet werden soll, bieten sich z.B. folgende Fächer an:
a) Linguistik
b) Informationstheorie
c) Mathematik
d) Psychologie
e) Philosophie
Die breite Auswahl zeigt, dass eine Zuordnung nicht selbstverständlich ist. Vielleicht haben ja alle diese Fächer recht, Semantik auf ihre Weise zu behandeln. Ich plädiere aber dafür, Semantik als ein eigenes Gebiet zu betrachten, mit eigenen Problemstellung und Lösungen und insbesondere auch mit eigenen formalen Methoden. Diese bauen nicht auf linguistischen oder mathematischen Methoden auf, sondern nehmen solche gegebenenfalls für klar definierte Aufgaben zu Hilfe, so wie die Physik mathematische Methoden zu Hilfe nimmt.
Überhaupt hat jedes Fachgebiet seine eigene Semantik. Wenn Semantik als Bedeutung von Wörtern oder Daten definiert wird, so ist klar, dass die Wörter in jedem Fachgebiet ihre eigene Bedeutung, d.h. ihre eigene Semantik haben. Diese aber ist die Semantik des Fachgebietes und nicht die Semantik als Fachgebiet selber. Semantik als Fachgebiet hat mit der Darstellung und dem Prozessieren von Bedeutungen zu tun. Es handelt sich um zwei verschiedene Ebenen:
a) Die Bedeutungen des Untersuchungsgegenstandes (des jeweiligen Fachgebietes)
b) Die Methode, mit welcher die Bedeutungen dargestellt werden
Es ist klar, dass letzteres eine Metaebene darstellt. Diese Metaebene ist unsere Semantik.
Im Auge werden die eingehenden Lichtstrahlen auf der Netzhaut abgebildet. Die über die ganze Netzhaut verstreuten Signale werden in einem eng umschriebenen Gebiet gebündelt, wo sie in den Sehnerv eintreten. An diesem Ort sehen wir nichts, da eintreffende Lichtsignale dort keine Lichtrezeptoren vorfinden, weil dieses Gebiet bereits vollständig von der Infrastruktur der Weiterleitung, dem Sehnerv, beansprucht wird. Es handelt sich dabei um eine Metastruktur. Bemerkenswerterweise fällt uns die Blindheit an dieser Stelle nicht auf. Sobald wir nämlich einen Gegenstand ansehen wollen, der sich an dieser Stelle befindet, fokussieren wir ihn. Das bedeutet, dass wir das Auge so bewegen, dass wir den anvisierten Gegenstand neu an der Stelle des schärfsten Sehens haben. Der blinde Fleck fällt uns dadurch nicht mehr auf. Wir sind an dieser Stelle doppelt blind. Der blinde Fleck ist nicht nur blind, weil wir dort nichts sehen, wir sind darüberhinaus blind bezüglich der Tatsache, dass wir dort nichts sehen.
Soviel zum blinden Fleck und zur Metaebene. Soviel zur Semantik.
Dieser Beitrag ist fortgesetzt in: Und aussen war das Wort (1)